Das hätte ich mir nicht erträumen lassen!
Ich habe relativ spontan eine Woche Urlaub im Sénégal gemacht.
Am 14. November 2022 wurde aus einer geplanten Bootsfahrt ein rasantes Abenteuer. Auf der Rückfahrt sah ich vom Wasser aus, dass am Strand kurz vor meinem Hotel ein Fußballtraining stattfand. Es waren Hütchen und Kappen aufgebaut, ca. 15-20 Jungs kickten sich die wenigen Bälle zu, ein Trainer hatte das Zepter in der Hand.
Das machte mich neugierig und ich ging nachdem ich wieder an Land war direkt zum Strandabschnitt und schaute ein wenig beim Training zu. Die Spieler und der Trainer schauten mich an, warum ich zuschaute. Der Trainer kickte mir den Ball zu und ich spielte ihn gekonnt zurück 😉
Daraufhin kamen wir ins Gespräch, leider sprach aber keiner der Spieler oder der Trainer englisch. Alle sprachen französisch. Sehr schade! Ich war ein wenig traurig, dass ich mich überhaupt nicht austauschen konnte.
Nach ca. 15 Minuten ging ich wieder. Als ich gehen wollte, schauten mich alle an und fragten, warum ich denn schon gehen wollte. Ich war ein wenig gerührt und fragte, ob sie morgen auch trainieren würden 🙂
Also machten wir ab, dass ich am nächsten Tag um 17h wieder vor Ort sein wollte.
So kam es, dass ich mich am nächsten Morgen ein wenig vorbereitete, in der Hoffnung, ein kurzes Training mit den Jungs durchführen zu dürfen. Am nächsten Tag, weit vor 17h, war ich dann am Strand.
Ich sah einen Trainer mit vier kleinen Kids unweit der Sportstätte des ASC Coulang. Sie bauten sich zwei Tore auf und fingen an zu kicken. Auf Anfrage, durfte ich mitspielen und spielte im Team eines kleinen Talents. Es war höchst erstaunlich, wie sich der kleine Mann an seinem Trainer vorbei schob. Ein wenig dauerte es, bis er Vertrauen zu mir aufgebaut hatte und mich anspielen mochte. Typisch Dribbler! 😉 „Madame“ rief er immer… Süß! Und irgendwie fühlte ich mich sehr alt und nicht wirklich angesprochen. „My name is Nina“, sagte ich immer wieder, aber er wollte höflich sein und sagte weiter „Madame“.
Gegen 17:15h erschien dann auch das Team vom ASC Coulang, auf das ich wartete.
Ich verabschiedete mich von den Kleinen und ging zum 21-Mann-Kader rüber. Heute waren zwei andere Trainer da, einer davon war Babacar, der unter anderem an der Bar in meinem Hotel arbeitete. Ich fragte ihn einfach, ob ich ein Aufwärmtraining mit seinem Team machen dürfte und er sagte JA! Whoohoo!!!
Das tollste Erlebnis, was ich seit sehr langer Zeit hatte: Training mit 21 jungen, athletischen, gut aussehenden Männern ;-), Sonne, Wärme, Training am Strand, ohne Sprachkenntnisse mit Händen und Füßen…
Ich war begeistert von den Bewegungstalenten der Spieler. Fast alle Übungen, die größtenteils neu für sie waren, wurden nach sehr kurzer Zeit adaptiert und ausgeführt. Darüber war ich etwas erstaunt, aber es war klar. Diese Kids sind neuroathletisch viel weiter, so wie wir es früher waren, als ein großer Teil unserer Kinder hier, die sich ihre Neuronen über die Jahre und durch den schrecklich hohen Mobiltelefonkonsum zerstört oder klein gehalten haben.
Der überwiegende Teil des Teams trainierte ohne Schuhe.
Das Team hat keinen eigenen Sportplatz. Sie spielen wie sehr viele andere Kinder und Jugendliche am Strand. Zwei Tore markierten das Ende des Feldes, die Seitenlinien fehlten. Dafür spielen sie mit größter Ernsthaftigkeit in drei Gruppen gegen die anderen Bezirke und stehen auf Platz 1.
Der nächste Sportplatz ist in Mbour, zwar nur ca. 10 km entfernt, aber dafür kostenpflichtig. Da das Team noch nicht mal für jeden Spieler einen Ball besitzt und nicht alle Spieler Fußballschuhe besitzen, wie sollen sie dann 3-5x die Woche nach Mbour kommen und dort die Platzmiete bezahlen?! Wahnsinn!
Ich bin immer noch entsetzt, dass die Gemeinde nicht in der Lage ist, für Kinder und Jugendliche einen Sportplatz als Sport- und Spielstätte zur Verfügung zu stellen. Wie kann es sein, dass die Gemeinden Geld für Infrastruktur erhalten, dort aber kein Geld ankommt. Warum bleibt immer wieder die Menschlichkeit auf der Strecke? Was gibt ihnen das Recht, die Gelder einzubehalten?
Wie kann es sein, dass es immer noch Länder gibt, die keinen richtigen Fußballplatz haben? Ich kann es nicht fassen, zumal die Stadt Dakar im letzten Jahr ein nagelneues Stadion „Stade du Sénégal“ bekommen hat und die Nationalmannschaft Sénégals „Les Lions de la Téranga“ haben Anfang 2022 den Afrika Cup gewonnen . Das sollte doch dem Fußball im Land endlich einen Schubs verleihen. Es macht mich sehr traurig.
Toll war, dass zum Zeitpunkt meines Trainings noch ein französischer Herr vorbeikam, der den Jungs sechs Bälle gesponsert hatte und sie gleich im Einsatz sah. Herrlich!
Das Training war so überragend und klasse, zu sehen, mit welcher Freude und Talent, die Jungs die Aufgaben meistern. Na klar ist auch immer ein Spaßvogel dabei, so liebe ich es! 🙂
Diese großartige Erfahrung mit diesen talentierten, fröhlichen und freundlichen Sportlern möchte ich nicht missen. Ein wenig hatte ich das Gefühl, dass es auf Gegenseitigkeit beruht. Ich werde versuchen, mich immer mal wieder über die Ergebnisse des ASC Coulang zu informieren. Ach, was war das außergewöhnlich schööön…